Auf die Säge, Körper, los…

 

Die Holz-Werkstatt ist ein ganz besonderer Ort. Sie ist voll von Geräten und Werkzeugen und der Geruch von Holz und Sägespänen liegt in der Luft. Betritt man eine Holzwerkstatt kann eine ganz eigene beruhigende und zugleich aktivierende Stimmung entstehen. In der Werkstatt werden Körper und Geist sowohl angeregt als auch herausgefordert. Denn das Arbeiten mit Holz erfordert viel Konzentration, Geduld und kann manchmal körperlich richtig anstrengend sein.

In der Holzwerkstatt passiert oft ein kleines Wunder: Die Schüler*innen gehen ganz in ihrer Arbeit auf. Sie sägen, feilen, schleifen und vergessen während Sie am Arbeiten sind alles was um sie herum passiert. Das nennen wir den Werkstatt-Flow-Modus. Wie man die Kids dabei unterstützt in den Werkstatt-Flow-Modus einzutauchen, wollen wir euch in diesem Blog anhand einiger Beispiele näher bringen. Wenn euch das gefällt, dann könnt ihr im nächsten Blog noch mehr über den körperintegrierenden Ansatz in der Werkstatt erfahren und wie ihr euren Unterricht mit vielen Flow Erlebnissen bereichern könnt. Und los geht’s…

Es klingelt zum Werkstattunterricht: Einige Schüler*innen sind womöglich gedanklich schon beim Werkstück, andere hängen noch dem Spiel aus der Pause nach und manche sind noch ganz durch den Wind wegen der Deutscharbeit. Zu Beginn einer jeden Stunde versammeln sich ganz viele Gefühle und Bedürfnisse in einem Raum! Nur wie damit umgehen?  Um sich gemeinsam auf die bevorstehende Werkstattarbeit einzugrooven, eignen sich kurze Rituale oder Routinen. Ein Beispiel hierfür ist die 3-Minuten Atemraum MethodeDie Übung hilft super zum Ankommen und Wahrnehmen was gerade mit einem los ist. Eine weitere Möglichkeit ist es, sich drei Minuten Zeit zunehmen sein eigenes Werkstück ganz in Ruhe zu betrachten: Was habe ich schon geschafft? Wie zufrieden bin ich mit meiner Arbeit und vor allem wie fühlt sich mein Werkstück an? Jeder Lernende bekommt so die Möglichkeit, bewusst zu sehen was schon geschafft und wo vielleicht etwas übersehen wurde. Probiert es selbst mal zu Hause aus: Nehmt einen Gegenstand vom Schreibtisch in die Hand und betrachtet ihn bewusst für 3 Minuten. Es gibt viel zu entdecken!

Wie bereits erwähnt, Werkstattarbeit ist anstrengend und erfordert Konzentration! Besonders schwierig wird es für manche Kids, wenn sich der Erfolg nicht so richtig einstellen will. Deshalb kann es im Laufe des Unterrichts leicht zu Radau kommen. Das erschwert natürlich das Arbeiten und kann sogar gefährlich werden. Schließlich arbeitet man mit scharfen Werkzeugen und Maschinen. Deshalb unterbrecht ruhig mal nach 45 Minuten die Arbeit und führt beispielsweise eine Lockerungsübung durch und lasst die Kinder unbedingt etwas trinken! Im Anschluss daran kann man eine kleine Reflexionsrunde einbauen. Bei wem läuft es richtig gut und wer braucht noch Unterstützung, z.Bsp. in dem man Hinweise zur richtigen Körperhaltung gibt. Ganz wichtig dabei ist, dass alle Kinder die korrekte Arbeitshaltung beibehalten (z. Bsp. beim Sägen oder Feilen) und sich fragen ob sich etwas verändert hat. Unten findet ihr ein paar Anregungen für Reflexionsfragen, wenn es um die richtige Körperhaltung geht. Die kurze Pause und Lockerungsübung fördert auch nicht zu schnell wieder eine falsche Körperhaltung einzunehmen und so schneller zu ermüden. Verschiedene Bewegungsübungen sind auf Schule.at zu finden.

Wir schlagen euch vor mehr Achtsamkeit in euren Unterricht zu integrieren. Warum?  Achtsamkeit bedeutet bewusst im Moment zu sein.  Man lernt dabei sich nicht von vergangenen Erlebnissen oder beispielsweise Zukunftsängsten beirren zu lassen, sondern kommt immer wieder zu dem aktuellen Moment zurück. Wenn man negative Gedanken wie Wolken an sich vorbeiziehen lässt, so reduziert dies Stress und macht einen fitter für die Aufgaben die bevorstehen.

Damit alle entspannt und fokussiert arbeiten können empfiehlt es sich auch gemeinsam neue Regeln aufzustellen: Was brauche ich, um in meinen Werkstatt-Flow-Modus zukommen und was wollen wir tun, wenn man da gerade mal rausfällt?

  • Die Bedürfnisse des Einzelnen zum konzentrierten Arbeiten werden respektiert.
  • Darf man an einer bestimmten Stelle, wie z. Bsp. die Schulter angetippt werden für die Kontaktaufnahme?
  • Es kann zum Beispiel für jeden Schüler einen Bedürfnis-Würfel geben auf dem steht was man gerade braucht: Bitte in Ruhe lassen/brauche Unterstützung oder habe Zeit zum Quatschen. So einen Würfel kann man zum Beispiel mit den Kids bauen und dann gemeinsam festlegen, welche Bedürfnisse daraufkommen.
  • Man kann in der Werkstatt bestimmte Orte als Treffpunkt festlegen, zum Beispiel um sich kurz auszuruhen oder einen kleinen Plausch zu halten.
  • Legt Gehörschutz (Empfehlung RiSU: Gehörschutzstöpsel zum einmaligen Gebrauch) sichtbar und zur freien Verfügung aus.

Folgende Fragen helfen, um mit den Kids über die Haltung beispielsweise beim Arbeiten mit der Feile zu sprechen.

  • Wie stehen meine Füße?
  • Wo übe ich Kraft aus?
  • Tut mir irgendwas weh?
  • Werde ich schnell müde?
  • Wann fällt mir das Arbeiten leichter/schwerer?
  • Fühle ich Schwingungen vom Werkzeug in meiner Hand/ Armen/ Bauch/ Beinen?
  • Ist es hilfreich das Werkzeug anders (richtig) zu halten?
  • Was macht besonders Spaß?
  • Wo bin ich mir unsicher?

Und hier noch eine Idee, um das bewusstere Arbeiten mit verschiedenen Sägen zu üben: Wie wäre es mit einer Stationenarbeit mit verschiedenen Sägen und Materialien? Hierbei bekommen die Schüler*innen die Gelegenheit die unterschiedlichen Einsatzzwecke der Säge sichtbar nachvollziehen zu können. Wichtig dabei ist, die eigene Körperwahrnehmung und Wirksamkeit in den Blick zu nehmen und alle Gefühle und Gedanken dabei zuzulassen. Folgende Fragen sind dabei hilfreich…

  • Welche Veränderungen entstehen am Material, auf das das Werkzeug eingewirkt hat?
  • Welche Unterschiede habe ich erkannt?
  • Was habe ich gespürt in meiner Hand, meinen Armen oder meinem Körper?
  • War es schwierig das Werkzeug zu händeln?
  • Wie war die Lautstärke?
  • Welche neue Erkenntnis habe ich?
  • Was ist mir unklar?

Wir wünschen euch viel Spaß beim Ausprobieren!

Markus und Benjamin

 


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